Der neue Wert der Zeit: Arbeitszeit braucht neue betriebliche Konzepte

Der Trend zur individuellen Ausgestaltung von Arbeitszeiten wird sich bis zum Jahr 2030 verfestigen. Dabei wird Freizeit für Beschäftigte nochmals eine Wertsteigerung erfahren – nicht nur bei Angehörigen der Generation Z. Doch es braucht Konzepte, um das erhöhte Konfliktpotenzial unter den Beschäftigten, das diese Entwicklung birgt, einzudämmen. Zu diesen Erkenntnissen führt die Stichprobenbefragung “Der neue Wert der Zeit”, die die berufundfamilie Service GmbH gemeinsam mit dem Unternehmensnetzwerk “Erfolgsfaktor Familie” in ihren Netzwerken durchführte.

Die 91 Teilnehmenden gaben dabei Einblicke, welche Tendenzen sie – als Vertreter ihrer Organisation – bis zum Ende der laufenden Dekade bzgl. der Reduzierung, der erhöhten bzw. limitierten Flexibilisierung und der zielgruppengerechten Gestaltung der Arbeitszeit sehen.

Wenn weniger mehr ist: Reduzierte Arbeitszeit für bessere Work-Life-Balance

Drei von vier Arbeitgebern (74,7 Prozent) erwarten, dass bis 2030 deutlich mehr ihrer Beschäftigten in Teilzeit arbeiten werden. Etwas über die Hälfte der Befragten (53,9 Prozent) rechnet dabei mit einer erheblichen Zunahme der männlichen Teilzeitler, 69,2 Prozent mit mehr in Teilzeit tätigen Vätern. Dazu passt, dass drei Fünftel der Teilnehmenden (60,4 Prozent) denken, dass Beschäftigte mit Kindern aufgrund von Betreuungsengpässen ihren Erwerbsumfang verringern werden. Auch das personalpolitisch hochbrisante Thema Pflege wird nach Ansicht der Befragten ein Teilzeit-Treiber sein bzw. bleiben: Vier von fünf Befragten (79,1 Prozent) erwarten, dass vor allem Beschäftigte mit zu pflegenden Angehörigen ihre Arbeitszeit dezimieren werden.

Ob im Zusammenhang mit Kinderbetreuung oder mit Pflege – der antizipierte Anstieg der Teilzeitquote hat einen zentralen Grund: die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Drei Viertel der Arbeitgeber (75,8 Prozent) prognostizieren daher, dass bis 2030 immer mehr Beschäftigte für eine gute Work-Life-Balance ihre Arbeitszeit reduzieren werden. Nur 14 Prozent sind nicht davon überzeugt. Der Wert der “Währung” Freizeit wird weiter steigen, wie die Erwartung von 53,9 Prozent der Arbeitgeber-Vertreter zeigt, nach der bis 2030 die meisten Beschäftigten eine Gehaltserhöhung bzw. Gehalt gegen Freizeit eintauschen werden.

Eine “neue Vollzeit” in Form der 30-Stunden-Woche wird es trotz des Arbeitszeit-reduzierungstrends allerdings nach Ansicht von 55 Prozent der Befragten bis 2030 nicht geben. Gleichzeitig wird die Vier-Tage-Woche bei herkömmlicher Gesamtarbeitszeit laut 57,2 Prozent der Arbeitgeber nicht der Standard werden. Allerdings sind sich 25,3 Prozent unsicher. Immerhin jeder Fünfte (18,7 Prozent) kann sich vorstellen, dass sich das belgische Modell in den kommenden Jahren durchsetzen wird.

Die Richtung der Entwicklung der Fünf-Tage-Woche ist demgegenüber wesentlich deutlicher abzulesen. 71,4 Prozent der Befragten ist der Meinung, dass die Aufteilung des Arbeitszeitvolumens auf fünf Tage weiterhin das meistgenutzte Modell bis 2030 sein wird.

Flexible Arbeitszeiten – aber nicht um jeden Preis

Wie flexibel die Arbeitszeit zukünftig geleistet wird, lässt sich laut der Antworten der Teilnehmenden jedoch nicht klar bestimmen. 35,2 Prozent erwarten, dass die tägliche Arbeitszeit komplett flexibilisiert wird – einhergehend mit einem Fokus auf ergebnisorientiertes Arbeiten. 33 Prozent meinen hingegen nicht, dass es zu einer vollständigen Flexibilisierung der täglichen Arbeitszeit kommen wird. Ein weiteres Drittel gibt derzeit keine Prognose diesbezüglich ab.

Laut 56,1 Prozent der Arbeitgeber wird es zukünftig keine individuelle regelmäßige (z.B. monatliche) Neuverhandlung und Anpassung der Arbeitszeit geben. Immerhin jeder Fünfte (20,9 Prozent) erwartet passgenaue Justierungen der Arbeitszeit in festgelegten Abständen.

Um in Fragen der Arbeitszeit flexibler agieren zu können, sehen 56,1% der Teilnehmenden bis 2030 Zeitwertkonten als Standardlösung im Einsatz und 47,3 Prozent Sabbaticals als etabliertes Regelangebot. 52,8 Prozent erwarten zudem mehr Beschäftigte im Jobsharing-Modell. Allerdings rechnen drei von fünf Arbeitgeber-Vertretern (59,3 Prozent) auch mit der Entwicklung und Umsetzung neuer Arbeitszeitkonzepte, z.B. atmende Arbeitszeiten – wie Mehrstunden bei hoher Auslastung oder weniger Stunden in Zeiten schwacher Auftragslage – oder Konzepte für einzelne Beschäftigtengruppen im Betrieb. Lediglich 14,3 Prozent rechnen nicht mit neuen Konzepten.

Kritisch sehen die Arbeitgeber gleichzeitig, wie der Umgang mit individuellen Arbeitszeitwünschen gelingen kann. Zumindest schließen 56,1 Prozent der Befragten zukünftig individuelle regelmäßige (z.B. monatliche) Neuverhandlungen und Anpassungen der Arbeitszeit aus. Immerhin jeder Fünfte (20,9 Prozent) erwartet passgenaue Justierungen der Arbeitszeit in festgelegten Abständen. Weitere 23,1 Prozent der Befragten sehen diese Entwicklung weder eindeutig kommen, noch schließen sie diese aus. Insofern gibt es ihrer Ansicht nach hier anscheinend Spielraum – vermutlich mit Blick auf einzelne Mitarbeitende. Sicher ist für sieben von zehn Teilnehmenden (69,2 Prozent) aber: Die Inanspruchnahme flexibler Arbeitszeitlösungen wird zu mehr Konflikten innerhalb der Belegschaften führen.

Die Ergebnisse der Stichprobenbefragung zeigen: Es zeichnet sich ein Spagat in der Entwicklung der Arbeitszeiten ab. Zunehmend mehr Beschäftigte tendieren im Sinne einer verbesserten Work-Life-Balance zu einer Reduzierung ihrer Arbeitszeit und gleichzeitig zu einer – insbesondere durch die Coronapandemie getriebene – zeitlichen Flexibilisierung bzw. individuellen Gestaltung ihres beruflichen Einsatzes. Für Arbeitgeber wird die Herausforderung, die Produktivität ihrer Betriebe aufrecht zu erhalten, damit größer. Bereits angesichts des vorhandenen und des stetig wachsenden Personalmangels ist diese eingeschränkt. Hinzukommt, dass zeitlich flexibles Arbeiten ein erhöhtes Maß an Transparenz sowohl zwischen Beschäftigten und Führungskräften als auch zwischen Kollegen braucht. Diese Transparenz umfasst die zu leistenden Aufgaben und die Erreichbarkeit von Mitarbeitenden – beides notwendig, um ein faires Miteinander zu wahren.

Zur Stichprobenbefragung “Der neue Wert der Zeit”

Die berufundfamilie Service GmbH führte gemeinsam mit dem Unternehmensnetzwerk “Erfolgsfaktor Familie” vom 04.09.2023 bis 18.10.2023 unter dem Dach des berufundfamilie-Scouts die Online-Umfrage “der neue Wert der Zeit”durch. 91 Vertreter von Organisationen, die aktuell dem Netzwerk der berufundfamilie und/ oder des “Erfolgsfaktor Familie” angehören, nahmen an der Stichprobenbefragung teil. Weitere Information zur Umfrage sind abrufbar unter: https://t.ly/jAj4q.

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