Klassische Rollenbilder sind heute infrage gestellt und Geschlechterstereotype sind an vielen Stellen bereits aufgebrochen worden. Diversität ist dabei, zur neuen Normalität zu werden. Doch was bedeutet in diesem Bezug Gender Shift?
Gender Shift als individueller Freiheitsraum
Das biologische Geschlecht ist heute kein Schicksal mehr, das über den persönlichen Werdegang entscheidet und die Identität einschränkt. Stattdessen sind Wahlbiographien individuell und persönlich und weniger von gesellschaftlichen und institutionellen Zwängen begleitet. Jeder Einzelne legt sein Gender für sich selbst aus und erschafft sich damit ganz neue Freiheitsräume.
Früher galt es als normal, dass Väter als Alleinverdiener Karriere machten, während sich die Mütter als Hausfrauen um die Kinder kümmerten und die Care-Arbeit allein schulterten. Durch den Gender Shift arbeiten mittlerweile deutlich mehr Frauen in technischen Berufen als früher und auch Führungspositionen sind häufiger weiblich besetzt. Männer nehmen oft Elternzeit, arbeiten häufiger in Teilzeit und übernehmen einen größeren Teil der Care-Arbeit. Auch wenn in der innerfamiliären Aufteilung von Care- und Erwerbsarbeit in den meisten Fällen noch Optimierungspotenzial vorhanden ist, lässt sich doch die sehr deutliche Tendenz zum Aufbrechen traditioneller Rollenbilder beobachten. Der Begriff der „toxischen Männlichkeit“ ist mittlerweile sehr negativ konnotiert.
Durch den Verlust traditioneller Familienrollen und durch den Gender Shift verlieren auch Geschlechterrollen zunehmend ihre soziale Bedeutung. Dadurch ergeben sich für das Individuum völlig neue Möglichkeiten der Lebensgestaltung. Diversität in Wirtschaft und Politik nimmt immer mehr zu.
Angriffspunkte für Unternehmen
Der Gender Shift durchdringt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Unternehmen werden sich künftig daran messen lassen müssen, wie sehr sie ihm entsprechen und inwieweit sie auf sich verändernde Anforderungen an die Arbeitswelt reagieren.
Die Vereinbarkeit von Familie und Karriere ist ein relativ neuer Anspruch, der durch den Gender Shift an Unternehmen herangetragen wird. Dies erfordert eine neue Arbeitsorganisation, die mit alten Strukturen bricht und flexible Arbeitszeiten, Home Office und Vertrauensarbeitszeiten möglich macht. Teilzeitstellen werden für Arbeitnehmer immer attraktiver und ermöglichen Führungspositionen zu bekleiden.
Die Kommunikation in einem Unternehmen muss genderneutral sein. Durch eine gendergerechte Sprache sollen sich alle Mitarbeiter angesprochen und gesehen fühlen. Der sprachliche Wandel durch den Gender Shift beeinflusst insbesondere das Marketing und Produktdesigns.
Chancengleichheit und Diversifikation für das Employer Branding nutzen
Gleichstellungsbeauftragte oder ein gelungenes Diversity Management können dazu beitragen, Diskriminierung erfolgreich entgegenzuwirken sowie Gender Blind Spots aufzudecken. Darunter versteht man Stereotypen, Glaubenssätze und Gewohnheiten, die seit früher Kindheit in Bezug auf das biologische Geschlecht internalisiert wurden und besonders oft der Karriere von Frauen schaden. Durch eine hohe Gender-Sensibilität und dem Gender Shift können gendergerechte und genderübergreifende Ansätze in der Unternehmenskultur etabliert werden.
Für ein erfolgreiches Employer Branding kommunizieren Unternehmen Chancengleichheit und Diversifikation. Kommt es beim Personalmarketing zu einem Gender Bias, werden einige geeignete Kandidaten von einer Bewerbung für eine Stelle absehen, da sie sich, zum Beispiel durch eine zu männlich ausgedrückte Persönlichkeitsbeschreibung, nicht angesprochen fühlen. Um dem entgegenzuwirken, sollten in Stellenausschreibungen durch eine genderneutrale Kommunikation alle möglichen Bewerber angesprochen. Und die Diversität des Unternehmens und eine genderfaire Bezahlung hervorgehoben werden.
Da sich die Identität durch den Gender Shift nicht mehr in erster Linie durch das Geschlecht definiert, wird in absehbarer Zukunft auch klassisches Gender-based Marketing nicht mehr den erwünschten Erfolg bringen. Spielzeug und Kleidung für Kinder durch Farbgebung und Motive eindeutig in die Kategorien „für Jungs“ und „für Mädchen“ einzuteilen, wird durch eine Aufhebung der Geschlechterrollen somit nur noch eine untergeordnete Rolle beim Konsumverhalten spielen. Produkte sind daher an einen veränderten Markt anzupassen.
Gender Shift als Chance
Viele Begleiterscheinungen des Gender Shift mögen zunächst ungewohnt wirken. Gleichzeitig bringt dieser Megatrend aber auch die Möglichkeit einer ganz neuen persönlichen Entfaltung mit sich, die es Individuen in einem viel höheren Maße ermöglicht, einen passenden Lebensweg einzuschlagen und das eigene Potenzial voll auszuschöpfen. Aus divers zusammengesetzten Teams ergeben sich in Unternehmen neue und spannende Impulse.
Im nächsten Teil unserer Ratgeberreihe “Trends der Zukunft”, geht es um den Megatrend Gesundheit.