Ihren Partner, der als Softwareentwickler oft vom Home Office arbeitet und mit dem sie seit gut zwei Jahren liiert ist und seit einem halben Jahr zusammen lebt. Es war schon vor ihrem Schritt ins eigene Unternehmen nicht einfach, Job und Beziehung miteinander in Einklang zu bringen. Lange Teamsitzungen, Zoom-Sessions in der Küche, Chats und Telefonate statt Gespräche – und dann das viele Reisen. Die Zeit zu zweit schrumpfte viel zu schnell zusammen.
Der Sprung auf der Karriereleiter wirkte wie ein Turbo. Jetzt musste Anna gefühlt 24/7 und das 365 Tage im Jahr ansprechbar sein, für ihr Team und ihre Kunden. Das Handy und ihr Tablet saßen mit ihr am Tisch und gingen mit ihr ins Bett. Dann die beiden Wochenendtrips – Matthias voller Erwartung und Hoffnung auf eine echte Quality Time mit ihr. Sie mit schlechtem Gewissen sowohl der Firma als auch ihm gegenüber. Eigentlich alles wie immer. Doch als er dann plötzlich seine Sachen gepackt hat, während sie im Ferienhaus abwechselnd ihre Mitarbeiter und ihre Kunden stundenlang auf dem Display hatte, wusste sie, dass ihr der Spagat zwischen Privat und Beruf nicht gelungen war. Sie dachte darüber nach, was hilfreich gewesen wäre …
1. Entscheidung rechtzeitig treffen, was wichtiger ist, die Karriere oder die Beziehung?
Es kommt der Punkt, an dem sich jede erfolgreiche Businessfrau die Frage beantworten muss: Will ich einen solchen aufreibenden Spagat auf Dauer überhaupt? Was ist mir wichtiger, der Partner oder der Job? Wie sehr brauche ich die Anerkennung, wie sehr reizt mich das Geld? Was macht mich zufriedener, innerlich satter? Oder pragmatisch: Soll ich jetzt, wo ich mir noch keine Gedanken um Familienplanung mache, nicht den Fokus auf den Beruf legen und alle Kraft darauf verwenden, hier noch erfolgreicher und unabhängiger zu werden?
2. Soll und Haben – Prioritätenlisten anlegen
Es hilft, sich über die eigenen Prioritäten klar zu werden und eine Art Werte-Bilanz zu ziehen. Es kann hilfreich sein, hier zum Beispiel eine Liste anzulegen, auf der man die Prioritäten jeweils für den Beruf beziehungsweise Karriere und für den privaten Bereich festhält und beide miteinander vergleicht. Optimal, wenn der Partner hierbei mitmacht.
3. Die Beziehung – Investment oder Kosten?
Auch wenn es nicht gerade romantisch klingt, kann es helfen, die Beziehung unter dem Aspekt des Return on Investment (ROI) zu betrachten. Dazu gehört auch die Frage, kostet eine Beziehung mehr als sie emotional ‘einbringt’? Eine jede Frau in einer Top-Position oder als Unternehmerin muss für sich klären, wie sehr sie das emotionale Backup braucht, das ihr der Partner womöglich gibt. Fakt ist: Je weiter man auf der Karriereleiter steigt, umso einsamer kann es dort werden – und vor allem kälter. Was die Beziehung angeht: Es kann gut sein, dass das, was auf den ersten Blick wie ein Kostenfaktor erscheint, in Wahrheit eine Kraftquelle für den Weg nach oben ist.
4. Beziehungsmanagement ist genauso wichtig wie Jobmanagement.
Entscheidet man sich für beides, Job und Beziehung, muss man bei der Umsetzung dieser Entscheidung genauso strategisch vorgehen wie in der Projektplanung im Job. Kurz, jede erfolgreiche Frau muss sich die Frage stellen, was kann und muss ich verändern, damit dieser Spagat nicht zur zermürbenden Zerreißprobe wird? Wie können die womöglich unterschiedlichen Prioritäten zusammengelebt werden? Wie die eventuell unterschiedlichen Geschwindigkeiten aneinander angeglichen werden? Müssen die Rollen neu definiert werden, insbesondere, wenn die Familienplanung ansteht. Wäre er bereit, kürzer zu treten? Oder erwartet er dies von mir als Frau und Mutter?
5. Der Check: Die Frage, was muss ich tun, damit die Beziehung auseinandergeht?
Gerade, wenn man zusammenbleiben will, wirkt diese Frage auf den ersten Blick widersprüchlich, auf alle Fälle überraschend. Tatsächlich hilft sie oft in verfahrenen Situationen, indem sie die Fragestellerin dabei unterstützt, die Perspektive des Partners einzunehmen. Mit ihrer Hilfe kann man visualisieren, welche Verhaltensweisen unweigerlich dazu führen werden, damit es aus ist – und welche getroffen werden sollten, um das Gegenteil zu erreichen. Eine solche Frage wird oft im Selbstcoaching angewandt und ist oft effizienter als die direkte (und naheliegende) Frage, was man tun muss, um die Beziehung fortsetzen zu können.
Anna ist überzeugt, dass sie diese fünf Punkte weiterbringen, ganz gleich, wie sie sich entscheidet. Es liegt für sie auf der Hand, dass der Klärungsprozess nur dann Sinn macht, wenn sie sich selbst gegenüber absolut ehrlich ist. Entscheidet sie sich für die Beziehung, ohne ihre Karriere aufgeben zu wollen, bringt es noch mehr, wenn auch der Partner in den Prozess einbezogen wird und zum Beispiel seinerseits solch zweigleisige Prioritätenlisten anlegt. Klaffen die Vorstellungen zu sehr auseinander, muss womöglich eine unangenehme, doch in der Summe für beide Partner zufriedenstellende Entscheidung gefällt werden.